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An dem langen Tisch saßen neun Herren in Anzügen. Von den Anzügen hatte sie sich mehr erwartet. Theresa versuchte der Unterhaltung zu folgen, doch mit ihrem Italienisch hatte sie lange gebraucht, um das Thema des Gesprächs zu erfassen. Der Mann am Ende des Tisches hatte viel zu sagen. Er hieß Codognotto und musste eine Art Staatsrat oder gar Minister sein. Denn inzwischen stand er nun schon eine Viertelstunde über den Tisch gebeugt da und schimpfte vor sich hin, als wäre er allein im Raum. Die anderen mussten es sich schweigend anhören.
Theresa entnahm den Worten, dass die Botschaft in Stockholm von der italienischen Polizei oder der Anklägerschaft stillgelegt und versiegelt worden war. Die schwedische Regierung hatte ihre Ermittlung eingestellt und überließ alles dem Internermittler aus Rom.
Das Außenministerium hätte dem in Stockholm nicht unähnlicher sein können. Ein riesiger Klotz war das, ersonnen in faschistischer Architektur. Nach der Vision Mussolinis, welche Bedeutung Italien einmal in der Welt haben sollte.
Aber nie erreicht hatte.
Rigacci, der Ranghöchste der Staatspolizei, sagte etwas Höfliches, wobei die Höflichkeit darin bestand, die zwanzigminütige Erregung Codognottos nicht einfach an sich abprallen zu lassen, wie es seiner Natur wohl entsprochen hätte. Codognotto setzte sich endlich und öffnete dabei den unteren Knopf seines Sakkos.
Theresa war immer noch sprachlos, wie ein Mann seines Ranges sich bei einer Konferenz so gehen lassen konnte. In Schweden wäre er erledigt gewesen. Vielleicht war alles für sie inszeniert.
Rigacci trug eine himmelblaue Uniform und warf seine Mütze auf die Tischplatte.
„Signora Julander“, sagte er und beugte sich vor. „Gibt es etwas, was Sie fragen möchten?“
Signora Julander wollte gerne fragen, wie man es angemessen finden konnte, in solch einem Kolossalgebäude zu residieren, wenn man die eher jämmerliche Bedeutung Italiens in der Welt in Betracht zog. Sie ahnte jedoch, dass die Italiener vielleicht nicht so viel Gefühl für Bescheidenheit besaßen wie sie.
„Ich möchte gerne wissen“, setzte Signora Julander an. „Ob Fabia Terni für den Geheimdienst tätig war.“